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Nr. 1 / Januar 2019

Projektarbeit außerhalb der Schule. Versichert oder nicht?

Hand hält Mikrofon in der Hand Quelle: Brian A Jackson – Shutterstock.com

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte sich am 23. Januar 2018 mit dem Fall eines Realschülers aus Baden-Württemberg zu befassen, der im Rahmen einer schulischen Projektarbeit stürzte, sich schwere Verletzungen zuzog und seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Das BSG bejahte den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz (BSG, B 2 U 8/16 R).

Der im April 1997 geborene Kläger war Schüler einer Realschule, an der Projektarbeit auch außerhalb des Unterrichts stattfindet. Die Schülerinnen und Schüler dürfen entsprechende Gruppenaufgaben selbst organisieren. Im vorliegenden Fall standen „Musik und Werbung“ bzw. „Wirkung von Musik“ auf dem Stundenplan. Die Schüler sollten in Kleingruppen einen Werbeclip zu einem bestimmten Produkt drehen und mit passender Musik unterlegen. Ursprünglich war vorgesehen, die Videoaufnahmen während des Musikunterrichts auf dem Schulgelände zu erstellen. Auf Bitten der Schüler räumte ihnen die Musiklehrerin aber die Möglichkeit ein, den Werbeclip auch außerhalb des Schulunterrichts im privaten Bereich zu drehen. Davon machte die Hälfte der Schüler Gebrauch. Vorgegeben waren der Abgabetermin, nicht aber Drehzeit und Drehort. Die Schülergruppe des Klägers traf sich am 7. März 2013 nach Unterrichtsschluss zuhause bei einem Mitschüler, um den Werbeclip zu drehen, in dem der Kläger mehrere Szenen spielen sollte. Er nahm an, er werde gefilmt, während er mit einem Getränk aus der Haustür herauskam. Tatsächlich war der Akku des Aufnahmegeräts leer. Als der Kläger dies bemerkte, verließ er wütend den Drehort, um nach Hause zu gehen. Einer der Mitschüler verfolgte ihn und rempelte ihn an. Der Kläger stürzte, zog sich unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma zu und ist seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen.

Nach Feststellungen des BSG handelt es sich nicht mehr um eine unversicherte „Hausaufgabe“, wenn Lehrpersonen aus organisatorischen (z. B. Schulbuchtausch) oder pädagogischen Gründen eine Gruppe von Schülern für ein gemeinsames Tun außerhalb der Schule zusammenstellen. Für Schüler trägt letztlich die Schulleitung die unternehmerische Verantwortung. Unfälle, die sich im sachlichen Zusammenhang mit dem Besuch der Schule ereignen, sind gesetzlich unfallversichert. Keine Schulleitung kann jedoch ständig den gesamten Schulbetrieb kontrollieren. Deshalb werden Verantwortlichkeiten festgelegt, nach denen den Lehrkräften die Verantwortung teilweise übertragen wird. Die Lehrkraft wird so in die Lage versetzt, abgestimmt mit der Schulleitung bestimmte Lehrveranstaltungen gemäß Stundenplan oder außerhalb des Stundenplanes anzusetzen. Besteht gesetzlicher Unfallversicherungsschutz, sind Schulleitung und Lehrkraft, im Übrigen auch Mitschüler, in der Regel von der Haftung aufgrund eintretender Personenschäden frei.

Von Schulleitungen muss vor dem Hintergrund der Urteilsbegründung des BSG-Urteils mehr denn je erwartet werden, dass sie eine klare Grenze zwischen dem Verantwortungsbereich der Schule und dem der Eltern ziehen. Bei Fragen, ob gesetzlicher Unfallversicherungsschutz für Schülerinnen und Schüler besteht, gibt die UK Nord gerne Auskunft.

Martin Kunze
Stellvertretender Geschäftsführer der UK Nord

Telefon 0431 6407-0
E-Mail: ukn@uk-nord.de

Eine vollständige Abhandlung des Autors zum Thema finden Sie in der Zeitschrift Soziale Sicherheit 10/2018, 371-375.

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