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Nr. 3 / Mai 2025

Leben retten vor Ort: betriebliche Ersthelfer:innen

Ein unglücklicher Sturz oder ein plötzlicher Herzinfarkt während der Arbeit: Der beherzte Einsatz betrieblicher Ersthelfer:innen bringt schnelle Hilfe und kann Leben retten. Ersthelfer:innen sind deshalb in Betrieben Pflicht.
Ersthelfer und Erste-Hilfe-Koffer. VBG, Taubken

Eine betriebliche Verpflichtung kann nicht ohne die Belegschaft erfüllt werden. Beschäftigte sind deshalb entsprechend der Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ der DGUV seit 2014 dazu verpflichtet, sich zur Verfügung zu stellen und zu Ersthelfer:innen ausbilden zu lassen. Ob in städtischen Behörden, auf Bauhöfen, in Museen oder im Theater: Die Qualifikation für betriebliche Ersthelfer:innen erfolgt über Erste-Hilfe-Kurse, die jeweils über den Betrieb gebucht werden. Prüfen, Rufen, Drücken – so heißt der Schlüssel für aktive Hilfe im Notfall. Was das bedeutet? Innerhalb der Ausbildung erfahren Teilnehmende nicht nur, wie erste Versorgungsmaßnahmen wie beispielweise Wiederbelebung funktioniert oder Wunden versorgt werden, sondern auch das Absichern einer Unfallstelle oder das Absetzen von Notrufen und Organisieren von Hilfe gehört dazu.

Aus­bil­dung und Auf­fri­schung

Ersthelfer:innen übernehmen mit ihrer Ausbildung ein betriebliches Ehrenamt – analog beispielsweise der Brandschutzhelfer oder auch der Sicherheitsbeauftragten. Nach § 26 der Unfallverhütungsvorschrift 1 ist die Erste-Hilfe-Fortbildung alle zwei Jahre aufzufrischen. Mit der Zunahme der Remote-Arbeitsplätze und verstärktem hybriden Arbeiten steht das Organisieren der Ersten Hilfe im Betrieb jedoch vor neuen Herausforderungen. Aufgrund flexibler Arbeitszeitmodelle sind weniger Ersthelfer:innen anwesend. Möglicherweise sind damit zu wenige Ersthelfer:innen vor Ort. Das muss durch entsprechende Planung vermieden werden.

Kerstin Teichert-Möller ist als Aufsichtsperson des Sachgebietes Unternehmen und Behörden bei der Unfallkasse Nord viel in Rathäusern, auf Bauhöfen oder auch in Schwimmbädern unterwegs und erfährt dabei, wie die Betriebe hinsichtlich dieses Themas aufgestellt sind.

 

Frau Teichert-Möller, um die vorgeschriebene Quote an Ersthelfer:innen zu erreichen, braucht es entsprechenden Nachwuchs. Wie lassen sich Beschäftigte motivieren, die Ersthelferfunktion zu übernehmen?

Kerstin Teichert-Möller: 

Führungskräfte sollten die positiven Aspekte so einer Aufgabe in den Vordergrund rücken: Nicht nur im betrieblichen Umfeld hilft es, im medizinischen Notfall Erste Hilfe leisten zu können. Kenntnisse, die man in Erste-Hilfe-Kursen erlangt, lassen sich auch privat anwenden. Ich habe manches Feedback bekommen, dass Ersthelfer:innen auch außerhalb der Dienstzeit in Unfallsituationen oder Notfällen Vorteile hatten, denn sie konnten schnell richtig reagieren.  Als Ehrenamtliche beim DRK freut mich das ganz besonders. Viele Menschen haben Angst, etwas falsch zu machen. Diese Angst hemmt und lähmt. Regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse können helfen, sich im Notfall sicherer zu fühlen. Sollte bei der Ersten Hilfe tatsächlich ein Fehler gemacht werden, ist dies nicht strafbar, wenn nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt wurde. Jedoch ist es strafbar, im Rahmen seiner Fähigkeiten nicht zu helfen.

 

Wie müssen Betriebe bei diesem Thema auf die zunehmende Flexibilität der Arbeit reagieren?

Kerstin Teichert-Möller:

Zunächst braucht es die individuelle Einschätzung, wie es im Betrieb aussieht: Wer ist wann da und was bedeutet das für die verfügbare Zahl an Ersthelfer:innen? Homeoffice bedeutet zum Beispiel, dass Ersthelfer:innen zu bestimmten Zeiten vor Ort nicht verfügbar sind. Zur Erfüllung der notwendigen Quote mag es damit sogar sinnvoll sein, mehr Personen auszubilden. Da muss jeder Betrieb seinen eigenen Weg finden, das umzusetzen.

 

Wie wird informiert, welche Beschäftigten Ersthelfer:innen sind und wo Helfende aktuell verfügbar sind? Welche Empfehlungen geben Sie als Aufsichtsperson noch?

Kerstin Teichert-Möller:

Ich frage vor Ort zum Beispiel nach wichtigen Einrichtungen wie dem Erste-Hilfe-Kasten oder der Dokumentation von Erste-Hilfe-Leistungen. Die Antwort zeigt, wie der Betrieb grundsätzlich bei diesem Thema aufgestellt ist. Zum Teil hakt es da schon. Es nützt nichts, dass die Prozentzahl an Ersthelfer:innen stimmt, es aber generell bei dieser Thematik nicht funktioniert. Das Gesamtpaket muss stimmen. 

So ist zu klären, wie Ersthelfer:innen zu erkennen oder wo sie zu finden sind. Gibt es gegebenenfalls ein Telefonverzeichnis, wo die Ersthelfer:innen hinterlegt sind? Wenn es räumlich in langen Gängen Sinn ergibt, können gut sichtbare Fähnchen oder Aufkleber an den Türen den Standort der Helfer:innen signalisieren – eine Variante, die für verwinkelte Gebäude wiederum ungeeignet ist. Oder was ist mit besonders kritischen Bereichen in Kellern oder Archivecken, wo Handys keinen Empfang haben? Dort braucht es entweder direkt vor Ort Ersthelfer:innen oder entsprechende Meldesysteme beziehungsweise -ketten. Größeres betriebliches Gefährdungspotenzial wie der Umgang mit Gefahrstoffen erfordert andere Ersthelferkonzepte als solche, die zum Beispiel im reinen Bürobetrieb sinnvoll sind. Lösungen müssen also individuell, je nach den vorliegenden Erfordernissen, gefunden werden.

 

Wie­vie­le Erst­hel­fer:in­nen brau­che ich?

Die notwendige Zahl betrieblicher Ersthelfer:innen richtet sich nach der Betriebsgröße. Bei mehr als zwei Beschäftigten gibt es bereits ein entsprechendes Erfordernis. Ab einer Anzahl von 20 anwesenden Beschäftigten gilt ein Ersthelferschlüssel von fünf beziehungsweise zehn Prozent.

Weitere Infos

Adrienne Kömmler, freie Journalistin

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