Hausmüllentsorgung: Staub an der Schüttung reduzieren
Unser Wort „Müll“ enthält, historisch betrachtet, einen Hinweis auf die kleinen und kleinsten Bestandteile der Abfälle. Die Nähe zum Wort „Mühle“ beziehungsweise „Müller“ ist kein Zufall; die Wörter sind im Ursprung verwandt. Müll enthält kleine Partikel und bei der Bewegung wird Staub freigesetzt. Schon Ende des 19. Jahrhunderts war das ein Thema für technische Verbesserungen. Verschiedene Firmen beauftragten Ingenieure mit der Entwicklung von staubarmen Systemen für die Abfallsammlung. Denn damals bestanden große Anteile der abzufahrenden Abfälle aus Asche. Bei jeder Tonnenschüttung wurde eine Staubwolke freigesetzt, die sowohl Arbeiter als auch Anwohnende erheblich belästigte. Heute ist der Anteil von Asche deutlich geringer, aber immer noch ist der Hausmüll eine eher trockene Angelegenheit. Er enthält auch heute noch staubende Anteile, zum Beispiel Asche aus häuslichen Kaminen, Kleintier-Käfigeinstreu oder den Inhalt von Staubsaugerbehältern.
„Clean Option“ reduziert den Staub im Arbeitsbereich
Neben dem Staub werden auch im Abfall enthaltene Bakterien und Schimmelpilzsporen freigesetzt, die der Gesundheit nicht zuträglich sind. Und auch heute bemühen sich Entwickler, die Belastung der Beschäftigten weiter zu verringern. Die Firma Zoeller-Kipper brachte ein System auf den Markt, das die Freisetzung von staubhaltiger Luft im Arbeitsbereich verringern soll mit der Bezeichnung "Clean Option". Das System basiert auf einer Absaugung des Schüttungsraums mit anschließender dreistufigen Filterung der Abluft über das Dach des Fahrzeugs. Unterstützt wird die Absaugung von einem Quergebläse, welches durch einen scharfen Luftstrom den Staub am Austritt nach hinten in den Atembereich der Müllwerker hindern soll. Dr. Heike Niemann von der Unfallkasse Nord und Eckart Willer von der BG Verkehr haben das System bei einem Mitgliedsbetrieb der Unfallkasse im Einsatz unter die Lupe genommen, Messungen durchgeführt und mit Rüdiger Förster, Einsatzleiter Abfall des Betriebsamtes der Stadt Norderstedt, ein Gespräch über die praktischen Aspekte und Erfahrungen geführt.
Interview mit Rüdiger Förster am 24. März 2022, Stadtreinigung Norderstedt
Wie groß ist Ihr Betrieb und wie viele Haushalte müssen entsorgt werden?
Ich habe 38 Müllwerker für die Abfallbeseitigung. Wir fahren mit fünf Hausmüll-, einem Sperrmüll- und einem Papiermüllsammelfahrzeug, zwei Bedarfsfahrzeugen für Gewerbekunden, die eine Zwischenentsorgung wünschen, und einem Engstellenfahrzeug. Der Sperrmüll-LKW hat als einziges Fahrzeug kein Clean-Option-System. Unsere Stadt hat mehr als 80.000 Einwohner und wächst nach wie vor.
Wo haben Sie das System Clean Option kennengelernt?
Aus eigenen Fahrten mit Müllsammelfahrzeugen kenne ich die Staubbelastung am Heck.
Als Einsatzleiter und damit Vorgesetzter für den Betriebshof bin ich regelmäßig auf der IFAT-Messe und informiere mich über Neuerungen in der Abfallsammeltechnik. Dort traf ich auf die Firma Zoeller, die erstmals die erste Generation des Systems Clean Option vorstellte.
Ich befand mich als Einsatzleiter gerade in einer Beschaffungsphase und habe dieses System in meine Ausschreibungen mit aufgenommen.
Welche Erfahrungen machen Ihre Mitarbeitenden mit der Absaugung an der Schüttung?
Die Kollegen waren anfangs skeptisch, weil sie erwarteten, dass ab sofort völlig staubfrei geschüttet werden kann. So ist es natürlich nicht. Aber Clean Option nimmt einen großen Teil des anfallenden Staubs auf; das sieht man an den Filtern, die regelmäßig gereinigt werden müssen. Und die Kollegen stimmen überein, dass eine Verbesserung spürbar ist, vor allem beim Restmüll.
Wie ist es mit der Bedienerfreundlichkeit?
Das ist denkbar einfach. Sobald der Motor läuft, ist auch das Clean-Option-System in Betrieb und lässt sich auch nicht ausschalten. Es gibt in der Regel keine Ausfälle mit dem System.
Wie häufig reinigen Sie die Filter?
Ich habe die Anweisung gegeben, dass die Filter einmal pro Woche gereinigt werden.
Gibt es Zusatzkosten?
Nach zirka sechs Monaten ist so ein Filter auszutauschen. Nach meiner persönlichen Einschätzung gibt es fast keine Ausfälle. Ich bin mit dem System zufrieden.
Was müssen Sie im Zusammenhang mit Clean Option beachten?
Die jeweilige Fahrzeugmannschaft ist für die wöchentliche Reinigung des Filters und der Zyklone eigenverantwortlich zuständig. Für die Reinigungsarbeiten stehen Einmalstaubschutzmasken und Einmalstaubschutzanzüge zur Verfügung sowie Gehörschutz. Auch die Fahrerkabine wird wöchentlich gereinigt. Die Außenreinigung soll täglich passieren.
Der Filterwechsel wird zirka alle sechs Monate von unserer eigenen Werkstatt vorgenommen. Falls größere Probleme auftauchen, bestellen wir die Firma Zoeller.
Insgesamt ist es jedoch wichtig, dass die Mannschaften und die Werkstatt sich um das System Clean Option kümmern. Dazu braucht es ein Konzept zur Reinigung und Wartung, und die Kollegen müssen richtig angeleitet werden. So müssen die Kollegen für den optimalen Betrieb darauf achten, dass die Staubfangtücher unbeschädigt sind.
Haben Sie Ihre Kaufentscheidung bereut?
Nein, meine Kaufentscheidung habe ich nie bereut. Meine Mitarbeitenden sind für mich und die Stadt das Wichtigste, das wir haben. Wir sind zum Schutz der Müllwerker gut ausgestattet. Ich begeistere mich für alle technischen Neuheiten rund um die Abfallsammlung. Dazu gehören auch sicherheitstechnische Ausstattungen wie gute Kameras mit 360-Grad-Sicht, seitliche Arbeitsleuchten, niedrige Einstiege, Fahrerassistenzsysteme wie Abbiege-Assistenten – und eben auch Möglichkeiten, die Luft am Arbeitsplatz zu verbessern. Ich schaue regelmäßig, ob meinen Anweisungen gefolgt wird, und wo wir sinnvoll aufrüsten können, auch zur Sicherheit von anderen Verkehrsteilnehmenden.
Messungen im Echtbetrieb
Natürlich verlassen sich die Arbeitsschützerinnen und Arbeitsschützer nicht allein auf den Augenschein und das Gefühl. Die Konzentration von Staub in der Luft am Arbeitsplatz lässt sich messtechnisch gut erfassen. Die messtechnischen Dienste der BG Verkehr und der UK Nord untersuchten insgesamt vier Sammeltouren mit verschiedenen Abfallsorten bei ein- und ausgeschalteter Lüftungstechnik.
Ergebnis: Die Absaugung konnte beim Vergleich von zwei Restmülltouren eine sehr gute Wirkung gegen Staub und eine gute gegen Schimmelpilzsporen vorweisen. Beim Biomüll gab es ohnehin wenig Staub – und die Schimmelpilzsporen ließen sich hier weniger von der Funktion beeindrucken. Im Ergebnis wird eine deutliche Tendenz zur Wirksamkeit festgestellt, die auch von einigen anderen Messungen der UK NRW und der Firma Zoeller selbst untermauert werden. Allerdings sind für eine stärker belastbare Aussage weitere Messungen sinnvoll, denn bei den vergleichenden Messungen gibt es immer auch abweichende Randbedingungen, zum Beispiel das Wetter oder die Zusammensetzung des Abfalls. Daher hat sich das gemeinsame Messsystem der Unfallkassen entschlossen, mit einem bundesweiten Messprogramm weitere Untersuchungen am System (und ähnlichen Techniken, die eventuell noch auf den Markt kommen) vorzunehmen.
Ergebnisse | Direkt an der Schüttung | An der Person | ||
Mit Clean Option | Ohne Clean Option | Mit Clean Option | Ohne Clean Option | |
Restmüll | ||||
Staub und Schimmelpilzsporen | 0,31 mg/m3 300.000 Anzahl/m3 | 0,47 mg/m3 2.000.000 Anzahl/m3 | n.b. 88.000 Anzahl/m3 | n.b. 315.000 Anzahl/m3 |
Staub Schimmelpilzsporen | n.b. 1.800.000 Anzahl/m3 | 0,29 mg/m3 2.200.000 Anzahl/m3 | n.b. 545.000 Anzahl/m3 | n.b. 625.000 Anzahl/m3 |
n. b. – unter der Bestimmungsgrenze (0,22 mg/m³)
Doch schon jetzt hat sich die vielversprechende Technik auch im staatlichen Regelwerk niedergeschlagen. Die TRBA 213 "Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen" empfiehlt den Einsatz von Absaugmaßnahmen an der Schüttung als eines der möglichen Elemente, um die Beschäftigten vor Staub zu schützen. Weitere wirkungsvolle Maßnahmen sind intakte Staubschutzvorhänge, Automatikschüttungen, die es den Beschäftigten ermöglichen, Abstand zu halten, sowie hohe Ladekanten.
Dr. Heike Niemann, UK Nord, Eckart Willer, BG Verkehr
Bild 1: Rüdiger Förster, Einsatzleiter Abfall des Betriebsamts der Stadt Norderstedt, zeigt das Clean-Option-System am Entsorgungsfahrzeug
Bild 2: Messung des Staubgehalts an der Schüttung eines Entsorgungsfahrzeugs
Quelle Contentbilder: Eckart Willer, BG Verkehr